Werte gezielt ansprechen – Menschen besser überzeugen
Heute spielen „Werte“ auf allen Ebenen des Berufslebens eine Rolle. Die Kommunikation kann sich dies zunutze machen, indem sie die jeweiligen Werte der Empfänger in ihren Botschaften berücksichtigt. So lässt sich beispielsweise die Bereitschaft zur Veränderung steigern.
Werte treiben uns dazu an, Handlungen auszuführen oder zu unterlassen. Auch dienen Werte als Anker und Leuchttürme, gerade in stürmischen Zeiten der Veränderung. Respekt, Wertschätzung und Fokus sind nur drei Werte, die man auf Firmenfluren hört. Viele Teams führen mittlerweile Werte-Workshops durch, um Bedürfnisse transparent zu machen und einen Rahmen für gute Zusammenarbeit zu schaffen. Auch Firmen geben sich immer häufiger ein Werte-Set, das beispielsweise die Richtung bei Entscheidungen vorgibt.
Was sind eigentlich Werte?
Werte bilden sich auf persönlicher Ebene sowie auf Gruppen-Ebene. Sie helfen uns, wie der Name schon suggeriert, Sachverhalte zu beWERTEn. Die wirklich einflussreichen Werte sind in ihrer Anzahl begrenzt – rund 3 bis 7 pro Person – und meistens über längere Zeiträume stabil. Darum ist es aus meiner Sicht sehr nützlich, sich mit seinem persönlichen Wertesystem vertraut zu machen – das läuft allerdings nicht über Listen, wo man sich seine Werte aussucht, sondern beispielsweise über ein persönliches Werte-Coaching.
Die wichtigste Eigenschaft von Werten ist jedoch, dass Sie uns zu Handlungen oder Aussagen motivieren. Der Ursprung liegt in den Emotionen – tun wir etwas, das unsere Werte pflegt, dann fühlen wir uns sehr gut damit. Die meisten unserer Hobbies sind so verankert – hinter jedem Hobby steckt ein Wert wie Gesundheit, Status oder Gemeinnützigkeit. Handeln wir gegen unsere Werte oder werden diese von jemandem verletzt, dann fühlen wir uns schlecht. Wir ärgern uns vielleicht maßlos über den Kollegen, der immer zu spät kommt. Hier könnten Werte wie Respekt und Fairness verletzt worden sein.
Auch soziale Gruppen können sich Werte-Sets teilen und diese „leben“. Dann sprechen wir auch von einer gemeinsamen Kultur, welche durch unsere Handlungen bestimmt wird – etwa die Unternehmenskultur. Was wird auf dem Flur gesprochen, wie tickt die Firma, welches sind die ungeschriebenen Do’s und Don’ts?
Graves-Wertemodell als Grundlage
Um mit Unternehmenskulturen zu arbeiten, eignet sich besonders das Graves-Wertemodell (Spiral Dynamics), das aus neun Stufen besteht. Diese beschreiben Wertesammlungen und Bedürfnisse sowie Verhaltensweisen von Menschen, die auf der jeweiligen Stufe „zuhause“ sind. Die Kenntnis der eigenen Graves-Wertestufe, der persönlichen Werte, am besten der eigenen Wertehierarchie, ist die Grundlage, um besser zu verstehen, wieso wir handeln und wie wir handeln. Dadurch erhalten wir Transparenz über die eigene Motivation, die leider häufig eine Blackbox ist. Als ersten Schritt, um Werte zu entschlüsseln, verwende ich in meinen Coachings immer die Wertestufen aus Spiral Dynamics.
Wertebasierte Kommunikation
In einem vorhergehenden Artikel habe ich gezeigt, wie viele Faktoren und Filter Einfluss auf unsere Kommunikation nehmen. Dabei sind Werte, meine eigenen und die meines Gegenübers, ein sehr einflussreicher Faktor. Spreche ich gezielt das Wertesystem meines Gegenübers an, so ist die Verarbeitung meiner Botschaft viel einfacher und wohlwollender, weil meine Worte in seinem Wertesystem mitschwingen.
Beispiel 1: Mein Gegenüber A ist sehr genau, liebt Zahlen, mag Strukturpläne, sein Schreibtisch ist immer ordentlich, er kommt nie zu spät, hält sich penibel an jede Vorgabe und arbeitet hart, um seinen Ruhestand genießen zu können. Diese Charakteristika deuten auf das Level „Truth Force“ (blau) hin. Entsprechend versuche ich, meine Erklärungen zum Thema „Scrum“ darauf auszurichten. „Scrum ist ein strukturierter Prozess. Es gibt klar definierte und gut beschriebene Rollen wie Scrum Master und Product Owner. Über diese Rollen werden Verantwortlichkeiten verteilt. Das Prinzip des Timeboxing sorgt für Disziplin und gute Planbarkeit.“
Beispiel 2: Mein Gegenüber B ist pragmatisch in seinen Handlungsweisen, er lebt nach dem Leistungsprinzip, sieht überall neue Chancen und Möglichkeiten, mag technische Gadgets wie Wearables, um seinen sportlichen Erfolg zu messen, und zeigt auch gerne, was sein Fleiß ihm eingebracht hat („mein Auto, mein Haus, mein Boot“). Diese Charakteristika deuten auf das Level „Strive Drive“ (orange) hin. Darum lautet meine Scrum-Erklärung hier wie folgt: „Scrum ist ein agiles Framework. Motivierte Teammitglieder wählen ihre Aufgaben hier in Selbstverantwortung. Am Ende eines Sprints dürfen sie ihr erarbeitetes Ergebnis sogar dem Kunden / Stakeholder im Review Meeting präsentieren. Anforderungen/User Stories werden erst bei entsprechender Priorisierung ausgearbeitet und geschätzt – ganz pragmatisch also. So bleibt der Prozess schlank, und unnötige Arbeit wird vermieden. Es gibt definierte Rollen, die jedoch wechseln können, wenn das vom Team als sinnvoll erachtet wird.“
Die Chance, dass beide Gegenüber wohlwollend auf Scrum blicken, ist groß, denn meine Worte passen gut in ihre Wertesysteme. Sie lösen positive Emotionen bei ihnen aus und damit eine positive Einstellung. Wer erfolgreich kommunizieren will, muss sich nach dem Empfänger richten – und Werte bieten eine ideale Umgebung für den gezielten Dialog.
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