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Diversity & Inclusion

Ein Jahr Eltern in Teilzeit – was lief gut, wo hakt es noch?

Artikel

11.04.2023

Nach geteilter Elternzeit und anschließendem Teilzeit-Job bin ich fest überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Bei metafinanz bedeutet es weder für Väter noch für Mütter das Karriere-Aus, wenn sie sich mehr Zeit für die Familie nehmen. Doch auch ein oder zwei Einschränkungen lassen sich nach einem Jahr nicht leugnen.

Kindererziehung ist längst keine „Frauensache“ mehr. Nicht nur, dass Frauen heute ebenfalls Karriere machen. Vielmehr brauchen alle Kinder auch männliche Bezugspersonen – gern solche, die beruflichen Erfolg haben, denn sie vermitteln gesundes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Allerdings nehmen sich gerade erfolgreiche Väter oft keine Zeit, um sich intensiv mit ihren Kindern zu beschäftigen.

Dabei steht bekanntermaßen auch den Vätern Elternzeit zu. Doch nur ein verschwindend kleiner Teil nimmt dieses Recht wahr. Die Gründe sind unterschiedlich: Sie reichen von „Elternzeit nehmen ist männeruntypisch“ bis: „Ich kann es mir nicht leisten, weniger zu arbeiten. Meine Frau verdient ja weniger.“ Die Folgen laufen jedoch dabei immer auf dasselbe hinaus: Alte Rollenklischees werden festgeschrieben, die berufliche Karriere der Frau kleingeredet und die sozialen Folgen außer Acht gelassen.

Männer sollten froh sein, wenn die Frau arbeitet

Ja, es stimmt, dass Frauen oft in weniger gut bezahlten Jobs arbeiten und sogar bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit weniger Gehalt bekommen. Das Ehegatten-Splitting, das den besserverdienenden Partner steuerlich bevorzugt, vertieft den „Netto-Gender-Pay-Gap“. Doch eigentlich müsste es im Sinn jedes Mannes sein, dass seine Partnerin so viel arbeitet, wie es ihr während der Schwangerschaft und den ersten Jahren der Kinder zuträglich ist. Nicht nur wegen des Geldes, sondern auch wegen des Gleichgewichts in der Partnerschaft.

Ich habe das Glück, für ein Unternehmen zu arbeiten, das die Eltern(teil)zeit für Väter nicht nur toleriert, sondern akzeptiert und aktiv unterstützt. Nach der Geburt unserer Tochter habe ich einen Teil der Elternzeit übernommen, anschließend einigten meine Frau und ich uns darauf, beide unsere Wochenarbeitszeit zu reduzieren – sie auf 24, ich auf 26 Stunden. Zunächst.

Selbstausbeutung lässt sich vermeiden

Wir erstellten einen ausgeklügelten Plan, der für einen einzigen Tag, den besonders arbeitsintensiven Montag, die Unterstützung meiner Schwiegermutter vorsah. Von Dienstag bis Donnerstag bleibe morgens ich, am Nachmittag meine Frau bei unserer Tochter. Der Freitag ist für meine Frau arbeitsfrei, weil sie unter der Woche länger arbeitet als ich. So sind wir in der Lage, die Kinderbetreuung halbwegs gleichmäßig unter uns aufzuteilen.

Das fiel gerade mir anfangs nicht leicht. Ich tendiere dazu, Arbeit nicht abzugeben, sondern möglichst selbst zu erledigen. Als Berater ist es schwierig, nur noch bestimmte Themen zu übernehmen und andere wegzulassen. Meine Frau ist im Vertrieb tätig und muss beruflich viel reisen. Um nicht mehr so oft über Nacht weg zu sein, musste sie einen Teil ihrer geografischen Gebiete mit Kolleg:innen tauschen.

Wie die meisten Teilzeitbeschäftigten stellten wir bald fest, dass wir de facto doch fast immer ein paar Wochenstunden mehr arbeiteten als vertraglich vereinbart. Da das offenbar irgendwie funktionierte, beschlossen wir, unsere Arbeitszeit auf jeweils 28 Stunden zu erhöhen. Mit ein wenig  Umorganisation klappt das für uns beide nun sehr gut. Verlockend ist dabei immer, sich nicht noch mehr Themen aufzuladen, denn dafür haben wir die Stunden nicht angepasst. Damit kämpfen wir noch ein wenig.

Zwei kleine Nachteile, die eine Lösung suchen

Unseren Karrieren hat die Teilzeitarbeit bislang nicht geschadet. Aus Sicht der Arbeitgeber gibt es auch kaum Einschränkungen: Wir nutzen die kürzere Arbeitszeit maximal effektiv und vermeiden Leerlauf oder Smalltalk. Das hat allerdings zwei bedeutende Nachteile: Zum einen sind die sozialen Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen geschrumpft, was sich langfristig negativ auf die Zusammenarbeit auswirken könnte und dem Arbeitsalltag bisweilen die Freude nimmt. Zum anderen nehmen wir uns weniger Zeit für unsere persönliche Weiterbildung und Entwicklung.

Das würden wir gern ändern, denn Stillstand bedeutet für uns nun einmal Rückschritt. Aber bislang haben wir nicht die passende Lösung gefunden. Möglicherweise hilft es, dass unsere Tochter bald in die Kita geht. Dann können wir unsere Arbeitszeit, die wir vorerst nicht erhöhen werden, noch einmal neu organisieren und daneben wieder mehr Zeit für uns selbst und für uns als Familie erübrigen. Aber jetzt sind wir erst einmal froh, das erste Jahr zu dritt gut über die Bühne gebracht zu haben.

Quelle Titelbild: AdobeStock/Davide Angelini

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