Center of Excellence als Katalysator für die Nutzung von No-Code-Plattformen
Auch mit No-Code-Lösungen entwickelte Anwendungen müssen den unternehmensweiten Anforderungen an Security, Privacy und Compliance genügen. Ein Center of Excellence (CoE) kann die Governance erheblich verbessern. Deshalb bietet Microsoft beispielsweise ein Starterkit für ein Power Platform-CoE an, damit Expert:innen aus den verschiedenen Bereichen in der Lage sind, Governance toolgestützt aufzubauen.
Wenn Citizen Developer unkontrolliert No-Code-Anwendungen erstellen, ist Gefahr im Verzug: Es drohen Qualitätsverluste und Verstöße gegen Unternehmensrichtlinien, am Ende sogar das Entstehen einer ausufernden Schatten-IT. Die Gründe dafür habe ich in meinem vorangegangenen Artikel erläutert. Deshalb ist unserer Meinung nach eine bewusste Governance notwendig.
Fragt sich nur: Wie lässt sich eine solche Governance in der Praxis einrichten? Die Antwort darauf ist in vielen Fällen ein Center of Excellence, kurz CoE. Der Begriff bezeichnet ein organisatorisches Konzept, bei dem ein Team von qualifizierten Mitarbeiter:innen dafür sorgt, dass Unternehmensressourcen regelkonform und so nachhaltig wie möglich genutzt werden.
Dieses Konzept ist weder neu noch auf bestimmte Themen oder Produkte beschränkt. Viele Unternehmen haben bereits eines oder mehrere solcher Zentren aufgebaut. So wollen sie sicherstellen, dass ihre IT- (oder auch Fach-)Bereiche die definierten Compliance-Regeln beachten und anerkannte Best Practices nutzen.
Denn neben der Governance erfüllt das CoE eine zweite wichtige Aufgabe: Es sammelt Beispiele für einen sinnvollen Umgang mit der Technologie und sorgt für den Wissenstransfer im Unternehmen. Es begleitet Projekte und fördert den Aufbau von Kompetenzen, indem es beispielsweise Schulungen bereitstellt.
Was zeichnet ein gutes CoE aus?
Nicht jedes CoE liefert tatsächlich bereits „Exzellenz“. Vielmehr lassen sich unterschiedliche Reifestufen unterscheiden. Der erste Schritt besteht darin, Rollen, Zuständigkeiten und Ressourcen zu identifizieren. Zudem gilt es, die Berührungspunkte zwischen IT und Fachbereichen auszumachen und die vom Unternehmen gewünschten Governance-Maßnahmen zu beschreiben.
Die Koordination unterschiedlicher Projekte ist bereits ein Thema für Fortgeschrittene. Ein vollentwickeltes CoE sollte Expertenunterstützung für alle Projektteams bereitstellen. Dabei muss es auch die gemeinsame Nutzung von Komponenten koordinieren, um deren Wiederverwendung zu ermöglichen.
Ein Beispiel: das Starterkit für Power Platform
Ein CoE um ein bestimmtes Produkt herum aufzubauen, ist ebenfalls eine naheliegende Idee. Microsoft zum Beispiel hat das bereits für sein Collaboration-Werkzeug „Sharepoint“ unterstützt. Jetzt stellt der Softwareanbieter für seine No-Code-Suite „Power Platform“ ein Toolkit zur Verfügung, das unter anderem Komponenten und Tools für eine Referenzimplementierung und für den Aufbau eines CoE enthält. Damit können sich die Administratoren einen zentralen Punkt für die Steuerung ihrer Power Platform schaffen und sicherstellen, dass die unternehmensspezifischen Anforderungen an die Lösungen auch umgesetzt werden.
Ist das CoE erst einmal etabliert, kann es dabei helfen, Richtlinien und Verfahren zu definieren, die als Grundlage für die Verwaltung der Power Platform dienen. Das schließt die Bereitstellung, Konfiguration und Pflege der Entwicklungsumgebung Power Apps, der Power Automate-Flows und der Power BI-Dashboards ein. Zudem wird das CoE erprobte Methoden implementieren, mit denen sich die Leistung der Plattform überwachen und konsistent halten lässt.
Silos verhindern und einreißen
Alles in allem hilft das CoE auf diese Weise, mit möglichst wenig Aufwand individuelle, an den Geschäftszielen orientierte und mit den Unternehmensregeln übereinstimmende Lösungen zu entwickeln. Dabei verhindert es funktionale Silos – beziehungsweise reißt bestehende Barrieren ein und fördert die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen sowie zwischen IT und Business. Im Ergebnis wird das gesamte Unternehmen flexibler und agiler. Sprich: Es kann schneller auf sich ändernde Anforderungen reagieren.
Dank der vom CoE gesammelten und ausgewerteten Best Practices lassen sich auch bewährte Prozesse wiederverwenden, um neue Systeme zu implementieren oder vorhandene zu verbessern. Das verringert den IT-Overhead und beschleunigt die „Time-to-Market“ für neue Lösungen. Auf Dauer kann das Unternehmen folglich nachhaltiger wirtschaften und Kosten sparen.
Noch ein wichtiger, letzter Punkt: Treten Probleme mit einer Lösung auf, kann das CoE aufgrund der räumlichen Nähe, aber auch wegen seiner tiefen Kenntnisse des Unternehmens, schneller Abhilfe schaffen als der Support des Anbieters. Das steigert die Transparenz im Umgang mit den Softwarelösungen und schafft ein perspektivenübergreifendes Verständnis für Herausforderungen im Unternehmen. So entsteht ein klassisches Win-Win-Szenario mit Code-frei entwickelten eigenen, aber dennoch regelkonformen Applikationen.
Wenn Sie noch auf der Suche nach Unterstützung sind, um ein CoE in Ihrem Unternehmen zu implementieren, melden Sie sich gerne bei mir über mein Autorenprofil.
Einen weiteren Artikel zum Thema No-Code-Plattformen finden Sie hier.
Quelle Titelbild: AdobeStock/sorapop