Automatisierung und Process Mining optimal kombinieren
Automatisierung und Process Mining gehen im Idealfall Hand in Hand. Je nach Reifegrad in diesen Bereichen müssen Unternehmen eine andere Strategie verfolgen, um ihre Prozesslandschaft nachhaltig verbessern zu können.
Firmen, die ihre Prozesse automatisieren wollen, sehen sich häufig mit einem Problem konfrontiert: Der Erfolg lässt sich mangels belastbarer Kennzahlen nicht messen, oder geplante Automatisierungsprojekte können mit Blick auf ihren erwarteten Nutzengewinn nicht faktenbasiert priorisiert werden. Andere Firmen wiederum haben bereits Process-Mining-Pilotprojekte gestartet, ringen aber häufig um geeignete Anwendungsfälle in ihrem Unternehmen.
Im Folgenden wollen wir anhand von drei Fallbeispielen aufzeigen, warum Automatisierungsvorhaben in Unternehmen eng mit Process-Mining-Initiativen verzahnt sein sollten. Anhand des jeweiligen Reifegrads leiten wir konkrete Empfehlungen ab.
Firma A: Automatisiertes Unternehmen mit geringer Prozesstransparenz
Dieses Beispiel beschreibt ein Unternehmen, das bereits unterschiedliche Prozesse fachbereichsübergreifend automatisiert hat. Zudem kann es ein Center of Excellence (CoE) für Automatisierungslösungen wie RPA oder Chatbots etabliert haben.
Die Business-Case-Berechnung und Priorisierung von Automatisierungskandidaten basiert aber auf dem Bauchgefühl und entbehrt einer objektiven Datengrundlage, was zu einem verringerten Return on Investment (ROI) bei Automatisierungsinitiativen führt, sofern Prozesse mit einem geringeren Optimierungshebel automatisiert werden. Da kein einheitliches Monitoring der bereits automatisierten Prozesse möglich ist, muss das CoE zudem immer wieder reaktiv unvorhergesehene Aussteuerungen mit den Fachbereichen klären und Fehler beseitigen.
Process Mining hilft dabei, Ineffizienzen und Ressourcenbindungen anhand von Prozessdaten transparent zu machen und Prozesse mit großen Automatisierungs- und somit Kosteneinsparungshebeln (wie die Rechnungsprüfung) auf Basis aktueller Fakten zu identifizieren.
Process Mining kann außerdem Logdaten von automatisierten Prozessen nutzen, um den Erfolg von Automatisierungslösungen zu überwachen. State-of-the-Art Process Mining-Tools bieten darüber hinaus auch KI-gestützte Algorithmen, um bestimmte Muster (z.B. fehlende Rechnungsdaten) frühzeitig zu erkennen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Fehler bei der Prozessausführung hervorrufen. Durch eine frühzeitige Benachrichtigung der betroffenen Teams können schwerwiegende Systemausfälle und reaktives Handeln vermieden werden.
Firma B: Nutzung von Process Mining zum Start einer Automatisierungsinitiative
Während Firma A bereits einige Prozesse automatisiert hat, aber Process Mining noch nicht hinreichend etabliert wurde, hat Firma B zwar schon ein Process-Mining-CoE gebildet, aber der Automatisierungsgrad generell ist noch sehr gering. Viele Prozesse erfordern manuelle Tätigkeiten, und die Ressourcenbindung ist dementsprechend hoch.
Eine klare Automatisierungsstrategie des Top-Managements sollte nicht nur in konkreten Zielen für die einzelnen Ressorts resultieren, sondern auch von Anfang an die Belegschaft des Unternehmens einbeziehen. Dadurch werden nicht nur mögliche Vorbehalte beseitigt, sondern auch die Motivation zur aktiven Mitarbeit in Automatisierungsprojekten gesteigert. Durch die Fachexpertise der Mitarbeitenden werden häufig sogar weitere Automatisierungskandidaten zu Tage gefördert.
Das Process-Mining-Team kann hier an unterschiedlichen Punkten unterstützen. Automatisierungsziele der einzelnen Fachbereiche lassen sich realistischer quantifizieren, wenn sie sich aus realen Daten ableiten. Sofern diese Kennzahlen bereits definiert wurden, können zielgruppengerechte Dashboards im Process-Mining-Tool dazu genutzt werden, den Erfolg transparent nachzuhalten. Darüber hinaus lassen sich die Systemdaten dazu nutzen, Prozesse mit einer geringen Automatisierungsquote zu identifizieren und sie bei der Automatisierung zu priorisieren.
Firma C: Manuell operierendes Unternehmen ohne Process Mining
Wenn der Prozessautomatisierungsgrad im Unternehmen noch niedrig ausfällt und Process Mining ebenfalls noch keine nennenswerte Rolle spielt, empfiehlt sich die Entwicklung einer Strategie, um Synergien zwischen den beiden Technologiefeldern zu heben.
Die Organisationsstruktur sollte eine enge Zusammenarbeit zwischen Fachbereichsvertretern, Automatisierungsexperten sowie Process-Mining-Beratern und Data Scientists fördern und interessierten Mitarbeitern Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen.
Die oben beschriebenen Rollen haben zudem unterschiedliche Abhängigkeiten voneinander: Prozessverständnis und Schmerzpunkte stammen typischerweise aus den Fachbereichen, die etwa zur Bildung von Hypothesen und anschließenden Verifizierung durch die Process-Mining-Kolleg*innen anhand der notwendigen Daten unerlässlich sind.
Auch methodisch bedarf es gewisser Frameworks im Unternehmen. Diese sollen gewährleisten, dass die Produktivität gesteigert, Ineffizienzen und Wissenssilos abgebaut und Lessons Learned sowie Best Practices geteilt werden. Automatisierungs- und Process-Mining-Teams können beispielsweise sehr gut in einem harmonisierten agilen Setup wie DevOps arbeiten. Wenn automatisierte Prozesse schließlich Daten generieren, sollte dies in einem für Process Mining geeigneten Format stattfinden, sodass ein belastbares Monitoring effizient gewährleistet werden kann. Plant das Entwicklungsteam die Automatisierung des Prozesses, benötigt es außerdem eine detaillierte Prozessbeschreibung und muss unter anderem über das vorgesehene Exception Handling informiert sein.
Quelle Titelbild: AdobeStock/ Studio Romantic